Niemand in der SPD wusste, welche Leitidee der Agenda eigentlich zu Grunde lag. War hier der Sozialstaat Kern und Wurzel des wirtschaftlichen Übels, da er die Staatsquote nach oben getrieben, Eigenverantwortung, Selbstbeteiligung, Investitionsbereitschaft, Wachstumspotentiale, ja den Raum für individuelle Freiheit begrenzt und beschränkt hat?
Oder war der Sozialstaat für die Betreiber der Agenda ein zwar sanierungs- und umbaubedürftiges, aber doch gelungenes, attraktives, erhaltungswürdiges Sozialmodell zum Abbau scharfer Klassengegensätze, zur Förderung von Lebenschancen, zur Integration komplexer Gesellschaften? Eine gültige, verbindliche Antwort darauf haben die Sozialdemokraten bis heute nicht gegeben.
Und vor allem bei den jungen Netzwerkabgeordneten traf man deprimierend häufig auf solche, die in der einen Woche für diese, in der anderen Woche für jene Haltung zum Sozialstaat eintraten. Die sozialdemokratische Konfusion des Frühjahrs 2008 hat einen langen Vorlauf.
Der wohl renomierteste SPD-Forscher Frank Walter hält einen Nachruf auf diese vielleicht bald ehemalige Volkspartei. Erschreckend schlüssige Erklärung für die aktuell wohl offensichtliche Krise.
Tolle Fotomontage! (Ist die von dir?)
Das drückt irgendwie schon das ganze Dilemma aus. Und das gilt nicht nur für die Sozialpolitik…
Das ist ja genau Walters These. Die Entfremdung mit dem angestammten Lager hat eine zu große Lücke hinterlassen, als dass sie einfach gefüllt werden könnte. Und an dieser Herausforderung scheitert die SPD seit Jahren. Eigentlich scheitert sie sogar am Erkennen der Herausforderung.
Kurt Beck ist nicht das Problem, er ist nur die Personifizierung dessen. Und auch wenn sich die Netzwerker das einreden mögen, weder Steinmeier noch Steinbrück als Kanzlerkandidaten würden was daran ändern.
Im Großen und Ganzen finde ich die Analyse zwar nachvollziehbar, allerdings hat die CDU ein ähnliches Problem. Der Trend geht ja scheinbar immer mehr zum Wechselwähler und darunter leidet nicht nur die SPD. Im Moment bieten die Sozialdemokraten zwar ein jämmerliches Bild – und dass das bis 2009 wieder besser wird, kann ich mir nicht vorstellen – aber im nächsten Jahrzehnt kann das schon wieder ganz anders aussehen. Nach einer personellen Erneuerung werden die Karten sicher neu gemischt – vorher aber nicht, Herr Beck…
Die CDU ist aber nicht so stark auf ihre Basis ausgerichtet wie die SPD das war. Auch hat sie nicht das Grundproblem „Soziale Gerechtigkeit“, dass eben für die SPD Grundbedingung ist.
Ich sehe durchaus auch Perspektiven für die SPD, aber personelle Erneuerung reicht da nicht. Da braucht es Visionäre und Visionen – und hoffentlich kommen die nicht von Andrea Nahles und Heiko Maas.