Man könnte die thematische Verteilung der Ministerien zwischen Männern und Frauen schon als traditionell beschreiben. Wissenschafts, Umwelt- und Bilungsministerium werden von Frauen geleitet, während sich die Leithammel die möglicherweise männlicheren Zuständigkeiten für Wirtschaft, Justiz und Finanzen aufgeteilt haben. Die Besetzung der Ministerien führte offenbar zu einigen Unstimmigkeiten zwischen der schwächelnden CDU und ihren neuen Koalitionspartnern von der FDP.
Ministerpräsident Roland Koch
Roland Koch hat eine beeindruckend lange Amtszeit als Ministerpräsident von Hessen vorzuweisen, angesichts einiger Skandale von unglücklich geführten Wahlkämpfen bis Schwarzgeldkassen seiner CDU. Nun wurde er mit leicht schwächelnder Mehrheit von 62 Stimmen seiner 66 Abgeordneten starken schwarzgelben Regierungskoalition erneut gewählt und tritt damit seine dritte Amtszeit in der Staatskanzlei an.
Auch das Wahlergebnis vom 18. Januar zeugt nicht unbedingt von einer überragenden Unterstützung seiner Person und Politik durch die Bürgerinnen und Bürger. Seine bürgerliche Mehrheit hat der Eschborner Konservative hauptsächlich den wieder erstarkten Liberalen um Jörg-Uwe Hahn zu verdanken. Die CDU konnte sich trotz der historischen SPD-Schwäche im Wahlkampf nicht genug absetzen oder hat über die Jahre hinweg zu viele Bürgerinnen und Bürger verärgert, als dass sie von dem sozialdemokratischen Wählereinbruch hätte profitieren können.
Vermutlich ist Koch gar nicht undankbar, dass er nun seiner Politik unter dem Mantel der Koalitionszugeständnisse einen etwas weniger kontroversen Anstrich zu vergeben mag. Vor allem das Kultusministerium unter Karin Wolff hatte bei der Wählerschaft zu anhaltender Verärgerung geführt, die Klagen über Schulzeitverkürzung und Lehrermangel wollten gar nicht abreißen. Nun ist das Ministerium unter der Federführung von Dorothea Henzler an die FDP übergegangen und die CDU eines Bürgerärgernisses ärmer.
Roland Koch wird in seiner wohl letzten Amtszeit gut daran tun, eine versöhnlichere Politik zu betreiben und so für ein wohlwollendes Andenken an seine Person zu sorgen. Immerhin reißen auch die Spekulationen nicht ab, Koch werde von Hessen aus in die Bundes- oder gar Europapolitik wechseln – eventuell sogar vor Ende der gerade begonnenen Legislaturperiode. Den zukünftigen Kollegen und potenziellen Vorgesetzten dürfte ein gereifter Koch ebenfalls gefallen.
Der stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn
Jörg-Uwe Hahn hat sich als stellvertretender Ministerpräsident mit einem umfassenden sachpolitischen Aufgabenbereich ausgestattet. Das eigentliche Justizministerium hat er mal eben noch um die Europaangelegenheiten bereichert und so Michael Boddenberg, den Nachfolger des gestolperten Volker Hoff, mit einem kleinen Ministerium für Bundesangelegenheiten gehörig in die Schranken gewiesen.
Jörg-Uwe Hahn ist ein alter Hase im Hessischen Landtag, in dem er seit fast 22 Jahren für die Liberalen als Abgeordneter tätig ist. Dabei ist der in Kassel geborene Jurist erst 52 Jahre alt, hat somit fast die Hälfte seines Lebens im Landtag verbracht. Als parlamentarischer Geschäftsführer hat er sich lange um die Partei verdient gemacht, bevor er vor fast 10 Jahren zum Fraktionsvorsitzender gewählt wurde.
Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Dieter Posch
Gemeinsam mit Hahn zog damals Dieter Posch als FDP-Abgeordneter in den Landtag ein, schied aber immer wieder aus, um als Staatssekretär oder zuletzt als Wirtschaftsminister im ersten Kabinett von Roland Koch zu arbeiten. Dieses Ressort für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung übernimmt er nun nach 5 Jahren Alleinregierung der CDU erneut.
Dieter Posch ist ebenso wie sein Parteifreund Hahn studierter Jurist. In Wien geboren hat der mittlerweile 64-jährige schon früh in der hessischen Politik Ämter übernommen. Als Landesvorsitzender der Jungen Demokraten, der damaligen Jugendorganisation der FDP, oder im Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises legte er den Grundstein für seinen Aufstieg in der Partei.
Mit den im Koalitionsprogramm festgelegten Investitionen in Infrastruktur von Autobahnausbau oder Krankenhausentwicklung werden die Minister in einem natürlichen Streit mit dem knappen Staatshaushalt treten, der möglicherweise noch die ein oder andere Überraschung bereit hält.
Minister der Finanzen Karlheinz Weimar
Oberster Hüter der monetären Geschicke wird auch in der neuen Landesregierung wieder der alte Koch-Vertraute Karlheinz Weimar sein. Schon seit 1999 ist er Finanzminister beider Kabinette von Roland Koch und hat zuletzt den engagierten Plan eines zeitnah ausgeglichenen Landeshaushalts vorgelegt. Aus diesem hehren Ziel wird angesichts der Weltwirtschaftskrise und ihrer auch in Hessen schon deutlich sichtbaren Auswirkungen wohl nichts werden. Daher werden die internen Debatten über Umfang und Finanzierung der Investitionen einiges Spannungspotential bieten.
Weimar ist wie die meisten seiner männlichen Kollegen ebenfalls Jurist. Vor 58 Jahren wurde er in Kirberg im Kreis Limburg-Weilburg geboren und tritt heute noch für diesen Wahlkreis an. Im Kabinett von Walter Wallmann war Weimar schon von 1987 bis 1991 Minister in Hessen, damals zuständig für das Umweltresort.
Minister des Innern und für Sport Volker Bouffier
Zusammen mit Karlheinz Weimar stellt Volker Bouffier eine der wenigen Konstanten im neu gebildeten schwarz-gelben hessischen Kabinett dar. 1982 zog er zum ersten Mal in den Landtag ein und ist seit 1999 Hessischer Minister des Innern und für Sport.
Der 58 Jahre alte Giessener gilt als treuer Weggefährte Roland Kochs. Bouffier war von 1976 bis 1984 Landesvorsitzender der Jungen Union in Hessen. Seit 1978 gehört er dem Landesvorstand der Hessischen CDU an und ist seit 1991 stellvertretender Landesvorsitzender. Bereits vor der Wahl wurde viel darüber diskutiert, ob Bouffier Roland Koch möglicherweise als Ministerpräsident beerben wird, wenn dieser nach Berlin oder Brüssel gehen sollte.
Im Wahlkampf hatte Volker Bouffier mehrfach versprochen, mehr Polizisten einzustellen und damit auf die Kritik von Seiten der Polizeigewerkschaften reagiert. An diesem Versprechen wird er in der kommenden Legislaturperiode gemessen werden.
Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit Jürgen Banzer
Nachdem die Koaltionsverhandlungen rasch und – zumindestens nach außen hin – reibungslos über die Bühne gingen, hätte die Personalie Banzer den zur Wiederwahl anstehenden Roland Koch fast noch zum stolpern gebracht. Seit 2005 war Banzer Justizminister des Landes. Nach der Wahl im Jahr 2008 und dem Rücktritt von Karin Wolff übernahm er zusätzlich das Kultusministerium und war von April 2008 ebenfalls geschäftsführend Kultusminister.
Bereits vor dem diesjährigen Wahlkampf hatte Jürgen Banzer verkündet, im Kultusminsterium ein neues Interessensgebiet und eine neue Aufgabe für sich gefunden zu haben. Und auch Roland Koch stellte den zufällig zum Kultusminister gewordenen Banzer noch im November für die beste Wahl in diesem Amt dar. Im Hessischen Rundfunk sagte er, Banzer sei für das Amt des Kultusminsters der geeignete Mann, denn er stehe dafür, dass es an hessischen Schulen „Veränderung und keinen Stillstand“ gebe.
Bereits frühzeitig stellte aber die FDP Ansprüche auf beide Ministerien Banzers. Roland Koch, der jegliche Möglichkeit eines Scheiterns der schwarz-gelben Koaltion ausräumen wollte, stellte diesen Posten deshalb nicht zu Debatte. So wurde tagelang über die Personalie Banzer in der Öffentlichkeit diskutiert. Es führte gar soweit, dass sich die CDU-Basis an Roland Koch wendete und sich verärgert über die Personalentscheidung zeigte. In der sonst so geschlossen agierenden Hessischen CDU, die Differenzen immer frühzeitig und hinter verschlossenen Türen klärte, waren die Unmutsäußerungen schon fast lärmend.
Nachdem Jürgen Banzer einige Tage lang als künftiger Umweltminister gehandelt wurde, kam es dann überraschend zu einem internen Tausch. Silke Lautenschläger hat ihr Amt als Sozialministerin abgegeben und somit den Posten für Jürgen Banzer frei gemacht. So ist er nun mittlerweile in vier Jahren im dritten Ministerium angekommen, nachdem er zuvor mit geradezu konträrer Konstanz von 1991 bis 2005 Landrat des Hochtaunuskreises war.
Minister für Bundesangelegenheiten Michael Boddenberg
Wiederum ein neues Gesicht ist mit Michael Boddenberg in der hessischen Landesregierung zu finden. Der Generalsekretär der hessischen CDU ist seit 1988 Mitglied der CDU. Von 1993 bis 1999 war Boddenberg als ehrenamtlicher Stadtrat Mitglied des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main. Im Landtag sitzt er wiederum seit Kochs Regierungsübernahme im Jahr 1999. In der neuen Landesregierung wurde Michael Boddenberg zum Hessischen Minister für Bundesangelegenheiten und Bevollmächtigten des Landes beim Bund ernannt und übernimmt damit das um einige Zuständigkeiten geschmälerte Amt von Volker Hoff.
Auf Grund seines erlernten Berufes wurde seine Ernennung in der Presse vielfach mit „Vom Metzger zum Minister“ betitelt. Und auch Roland Koch hob bei seiner Präsentation der Landesregierung hervor, dass in seiner Regierung nicht nur Juristen, sondern auch Metzger vertreten seien.
Leiter der Staatskanzlei Stefan Grüttner
Chef der Staatskanzlei wird erneut Stefan Grüttner werden. Der aus Wiesbaden stammende Volkswirt leitete bereits in der letzten Legislaturperiode die Amtsgeschäfte von Roland Koch. Der 52-jährige Grüttner war zuvor 4 Jahre parlamentarischer Geschäftsführer der CDU im hessischen Landtag, dem er seit 1995 angehört.
Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hörmann
Zu den unbekannten Namen der neuen hessischen Landesregierung gehört Eva Kühne-Hörmann. Denn zuvor war sie in der Öffentlichkeit wenig in Erscheinung getreten, ist aber innerhalb der hessischen CDU keine Unbekannte. Seit 1986 ist sie CDU Mitglied und heute Kreisvorsitzende in Kassel, sowie Mitglied des Landesvorstandes der CDU Hessen. Im Landtag sitzt sie bereits seit 1995 und seit 2003 ist Kühne-Hormann zusätzlich stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion.
Bei der Landtagswahl 2008 unterlag sie in ihrem Wahlkreis dem SPD-Kandidaten, konnte das Direktmandat nun jedochwieder zurückgewinnen.
Sie übernimmt das Amt von Silke Lautenschläger, die nach dem Rücktritt von Udo Corts im März 2008, das Wissenschaftsministerium geschäftsführend geleitet hatte.
Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Silke Lautenschläger
Genauso überraschend wie die Bennung Jürgen Banzers zum Sozialminister kam für die Meisten die Bennung Silke Lautenschlägers zur Umweltministerin.
Sie wurde 2001 mit 32 Jahren die jüngste Landesministerin und hatte sich seit dem einen Ruf als Sozialministerin aufgebaut.
Wie die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen unterlag auch Lautenschläger bei der Landtagswahl 2008 in ihrem Wahlkreis und konnte diesen ein Jahr später bei der vorgezogenen Wahl zurück erobern.
An ihrer Eignung in ihrem neuen Arbeisbereich möchte sie keine Zweifel lassen und betont in Interviews regelmäßig, dass sie mit Tieren aufgewachsen sei und wüsste wie ein Landwirtschaftsbetrieb laufe. Des Weiteren hat sie bereits jetzt schon angekündigt, sich in den nächsten Jahren für das Thema Energie in Hessen einsetzen zu wollen und würde dabei auch auf eine Laufzeitverlängerung des Atomkraftwerkes Biblis setzen. Eine noch stärkere Nutzung von Windkraft hält sie in Hessen wiederum für nicht umsetzbar.
Die neue Kultusministerin Dorothea Henzler von der FDP haben wir bereits in einem ausführlichen Beitrag vorgestelt.
Bilder: Landesportal Hessen
Mit Dank an Markus Metzger noch ein Fehler korrigiert, nachdem das Sozialministerium von einer Frau geführt werde. Auf den Verdacht würden wir nie kommen.
Das mit den „wichtigen Aufgaben“ ist so eine Sache, wenn man Bedenkt, dass die drei Bereiche, in denen die Länder wirklich ausgeprägte Kompetenzen besitzen – Hochschulen, Schulen, Polizei – mit immerhin zwei Frauen besetzt sind.