Karl-Theodor zu Guttenberg hat es in den vergangenen Monaten zu einer erstaunlichen Beliebtheit in der Bevölkerung gebracht. Auch im Politbarometer kurz nach der Wahl steht er mit 2,3 Punkten als beliebtester Spitzenpolitiker ganz vorne, gleich vor Merkel. Diese Beliebtheit hat er nicht zuletzt seiner viel zitierten Standhaftigkeit in Sachen Opel zu verdanken. Dabei wird gern übersehen, dass er eigentich als Wirtschaftsminister kaum noch Arbeit zu erledigen hatte so kurz vor der Bundestagswahl und das vor allem seine Expertise zu Rüsselsheimer Finanzfragen ungehört verhallen würde.
Insolvenz-Forderung ohne Nebenwirkungen
Genau das war Guttenberg aber klar. Seine Aussage, man müsse bei Opel auch an eine geordnete Insolvenz denken, war darauf kalkuliert, nicht berücksichtigt zu werden. Es war gewissermaßen ein PR-Gag, dass Guttenberg den Ordnungspolitiker im Stangenanzug mimte.
Und weil der Trick so gut aufging, versucht er ihn als Bundesminister der Verteidigung gleich nochmal. Die Tage während der Koalitionsverhandlungen mag er schon darüber nachgedacht haben, wie er dem von Franz-Josef Jung so bedeutungslos gemachten Amt zu neuem Glanz verhelfen könne. Immerhin befindet sich die Bundeswehr nicht gerade in einer einfachen Situation. Das Arbeitsprofil zeigt schon lange, dass die Bundeswehr den Weg von Verteidigungsarmee zu einer professionellen Krisenarmee beschreitet. Nun kommt auch eine erste Reform der Wehrpflicht und suggeriert ein baldiges Ende der Zwangsrekrutierung.
Jung und Guttenberg trennt das K-Wort
Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist in der Bevölkerung nicht beliebt. Michael Spreng sieht Guttenbergs Handlungsspielraum daher auch sehr beengt:
Als Verteidigungsminister kann zu Guttenberg schnell seine bisher erworbene Beliebtheit verlieren. Er hat nur eine Chance, ein populärer Verteidigungsminister zu werden, allerdings nur eine einzige: er muss die deutschen Soldaten aus Afghanistan zurückholen oder zumindest einen realistischen, zeitlich überschaubaren Plan für ihre Rückkehr entwickeln. Dann hätte er seine Meisterprüfung bestanden.
Doch der clevere Bayer scheint einen Ausweg gefunden zu haben, wie er seine Beliebtheit sichern und sogar steigern kann, ohne gleich verbindlich werden zu müssen. Der Focus schreibt:
Gleich mit seinem ersten Interview hat sich Guttenberg darauf eingestellt. „Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde“, sagte der CSU-Politiker der „Bild-Zeitung“. Der Eindruck, den der Verteidigungsminister damit vermitteln wollte, ist klar: Wo sein Vorgänger Franz Josef Jung das „K-Wort“ sorgfältig vermied und auf juristische Probleme mit dem Völkerrecht verwies, redet Guttenberg Klartext.
Beliebt werden ohne Substanz
Die einfachste Art, sich zu Afghanistan zu positionieren ohne wirklich Position zu beziehen hat Guttenberg deutlich gezeigt: Lasst uns erstmal von Krieg reden. Die Bundesregierung weigerte sich ja bisher konsequent, den Einsatz in Afghanistan als Krieg zu bezeichnen – was zwar völkerrechtlich korrekt sein dürfte, aber weit am Empfinden der Bürger vorbei geht.
Als lachender Dritte steht mal wieder Guttenberg da, der im „Leitmedium BILD“ den Deutschen aus der Seele spricht, ohne Handeln zu müssen.
Bild: flickr Michael Panse MdL