Freunde – auch nach der Wahl?

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bieber zum Abschlussstand des „Netzwerk-Barometers“ von Homo Politicus.

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Für etwas mehr als zwei Wochen hat das Netzwerk-Barometer die Aktivität der hessischen Online-Kampagnen auf verschiedenen „Social Network Sites“ begleitet und aufgezeichnet – das Ergebnis stellt zwar nur einen kleinen Ausschnitt dieser neuen Episode im Internet-Wahlkampf dar, liefert aber durchaus schon einige interessante Resultate.

In sämtlichen Online-Netzwerken, den Kommunikationsdienst Twitter hier einmal mit eingeschlossen, hat die Zahl der Freunde, Unterstützer und Follower kontinuierlich zugenommen. Allerdings mit unterschiedlicher
Dynamik: während StudiVZ und Facebook vergleichsweise „flache“ Zuwachsraten aufweisen, haben sich Wer-kennt-Wen und Twitter als die Netzwerke mit den größten Zuwachsraten entpuppt. Gerade in den letzten Tagen vor der Wahl haben dabei offenbar erste „Netzwerkeffekte“ gegriffen: höhere absolute Unterstützerzahlen führen auch zu einem schnelleren Wachstum – sehr gut zu sehen etwa bei Thorsten Schäfer-Gümbel, der am Wahlwochenende täglich mehr als einhundert neue Freunde bzw. Follower hinzugewonnen hat. Auch nach der Wahl steigen die Kurven weiter an, allerdings vermutlich nur dann, wenn auch die Netzwerkplattformen auch weiterhin mit Inhalten, Nachrichten und Kommentaren versorgt werden.

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Im bislang nur zwischen SPD und Grünen möglichen Parteienvergleich (das Facebook-Profil von Roland Koch wird in Kürze in das Netzwerk-Barometer aufgenommen) zeigen sich auch leichte Unterschiede, die mit Blick auf die Nutzerdemografie näher zu untersuchen wären: während „TSG“ bei Wer-kennt-Wen den Spitzenwert mit knapp zweieinhalbtausend Freunden erzielt und Facebook (877 Freunde/674 Unterstützer) sowie StudiVZ (837 Freunde), ist Kordula Schulz-Asche vor allem bei Facebook erfolgreich – allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau (443).

Spannend bleibt in den nächsten Tagen die Reaktion auf das bislang verhaltene Online-Echo auf den Wahlabend – mit nur wenigen Ausnahmen haben sich die Spitzenkandidaten vor allem in den alten Medien zum Wahlergebnis geäußert. Am Tag nach der Wahl dominieren offenbar die parteiinternen Gremien und Entscheidungsprozesse – das Netz muss warten. Man wird sehen, wie Freunde und Follower auf diese leichte „Vernachlässigung“ reagieren werden. Vielleicht nicht unbedingt mit der Aufkündigung der digitalen Freundschaft, aber vermutlich doch mit der ein oder anderen Nachfrage, ob das Internet denn doch wieder nur als Wahlkampf-Gimmick herhalten musste.

Dr. Christoph Bieber ist wissenschaftlicher Assistent an der JLU Gießen und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Neuen Medien auf politische und gesellschaftliche Prozesse. Zu seinen Veröffentlichungen zählen unter anderem Publikationen zum Thema Online-Wahlkampf, die Zukunft der Mediendemokratie und Interaktivität. Dr. Bieber betreibt das Blog Internet und Politik.

Ein Forum ist kein Duell

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bieber zu den TV-Debatten im Hessenwahlkampf

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Der hessische Sprint-Wahlkampf konzentriert sich auf  die zwei Wochen vor dem Wahltag. In diesem Zeitraum fallen auch die wenigen größeren Medienereignisse der Kampagne. Nachdem es im November einige Scharmützel um die Durchführung von TV-Debatten gab , muss der Hessische Rundfunk als analoges Leitmedium mit einem Rumpfprogramm zufrieden sein: Zum prestige- und reichweitenträchtigen „Duell der Spitzenkandidaten“ kommt es in diesem Januar nicht.

Noch vor Jahresfrist hatte die Konfrontation von Andrea Ypsilanti und Roland Koch dem Regionalsender ausgezeichnete Quoten beschert. Zwar müht sich der HR um ein möglichst breit gestreutes Programm auf verschiedenen Kanälen, doch mit dem sorgsam im Parteispektrum austarierten Line-Up dürften dieses Mal keine Bäume ausgerissen werden. Die Abwesenheit einer „großen TV-Debatte“ ermöglichte stattdessen publizistische Nebenschauplätze bei der Konkurrenz von Print und Hörfunk: so sorgten bereits die von der FAZ unter Ausschluss der Linkspartei organisierten Diskussionsrunden für Furore, und am Dienstag durfte Focus-Chef Helmut Markwort eine Radio-Elefantenrunde für den Privatsender FFH moderieren.

Allparteienrunde mit nur zwei Spitzenkandidaten

Die Folgen des Scheiterns einer Debatten-Vereinbarung mit den Spitzenkandidaten wurde den HR-Verantwortlichen auch beim Bürgerforum am vergangenen Donnerstag deutlich vor Augen geführt. In der Allparteienrunde waren mit Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Tarek Al-Wazir (Die Grüne) lediglich zwei Spitzenkandidaten präsent, für die CDU ging Generalsekretär Michael Boddenberg an den Start, die Linke schickte mit Janina Wissler die zweitplatzierte der Landesliste, die FDP mit Nicola Beer die Nr. 4. Weiterlesen

Wer braucht im Wahlkampf eigentlich Freunde?

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bieber zum Start des „Netzwerk-Barometers“ von Homo Politicus.

Seit einigen Tagen „misst“ das Netzwerk-Barometer von Homo Politicus die Performance der hessischen Spitzenkandidaten in verschiedenen sozialen Netzwerken. Auf den ersten Blick mögen die Zahlen wenig aussagekräftig erscheinen, zumal (bislang) nur Thorsten Schäfer-Gümbel, Tarek Al-Wazir und Kordula Schulz-Asche zählbare Resultate produzieren. Die Spitzenkandidaten von CDU, FDP und der Linkspartei sind in den entsprechenden Communities (Facebook, StudiVZ, Wer-kennt-wen) oder beim Kurznachrichtenservice Twitter nicht einmal vertreten.

Trotz dieser Schieflage vermitteln die Daten durchaus einiges zum Wahlkampfverhalten – während überall von den Effekten des US-Wahlkampfs auf die Situation in Deutschland die Rede ist, kann man (wenn überhaupt) genau hier die ersten Auswirkungen vermerken, die über ein simples „Nachmachen“ je aktueller oder angesagter Online-Anwendungen hinausgehen. Die PolitikerInnen selbst werden dabei bemerken, dass es gar nicht so einfach ist, sich in solchen gewachsenden Strukturen überhaupt adäquat zu präsentieren – für die Kandidaten-Homepages gab es seit einigen Jahren immerhin schon so etwas wie eine „Blaupause“ oder gar einen „Bausatz“. Man wusste so ungefähr, welche Features eine solche Seite haben musste und passte die Grundstrukturen an die jeweils aktuellen technischen Gegebenheiten an. In Online-Communities muss man sehr genau darauf achten, welchen Ton man anschlägt, welche Informationen man überhaupt bereit stellt und wie man mit den anderen Nutzern in Verbindung tritt. Das ist völliges Neuland – insofern zeigt sich hier die Innovationsbereitschaft der Kandidaten und der Parteien, denn die Organisation des Online-Auftrittes des Spitzenkandidates sind natürlich ein Thema im Landesverband.

Communities – StudiVZ, Facebook & Co.

In welchen Communities sind die PolitikerInnen denn nun aktiv und was steckt dahinter? Die Holtzbrinck-Plattform StudiVZ wurde im Wahlkampf vor einem Jahr geradezu sträflich vernachlässigt – und das in einem Wahlkampf, der massiv von Fragen der Schul- und Bildungspolitik geprägt war. Viel besser ignorieren kann man mit Hilfe der neuen Medien die nahezu vollzählig bei StudiVZ vertretene hessische Studierendenschaft eigentlich nicht. Die nicht unerhebliche Zahl von Schülern, die sich vorausschauend bereits ein Account besorgt hatten, wird dies wohl ebenfalls registriert haben. Dass immer noch drei von fünf Parteien diese Kernzielgruppe nicht über die sozialen Netzwerke adressieren, lässt massive Zweifel an der digitalen Kampagnenführung aufkommen. Waren oder sind Jung- und Erstwähler nicht genau die Klientel, die „besonders wichtig“ für die Politiker und Politikerinnen ist, wenn es um „die Zukunft“ geht? Nun ja. Weiterlesen