Unser Social Sciences Studium mit Abschluss als Bachelor of Arts gehört wohl zu den Studiengängen mit der meisten Freizeit. In diesem meinem dritten Semester muss ich nur an zwei Tagen pro Woche an die Uni, mein Wochenende beginnt Dienstag abends um 19.00 Uhr.
Immer wieder drängt sich mir der Vergleich mit meinem Medizin studierenden Freund Jan auf, der einfach wesentlich mehr zu arbeiten hat als ich. Aber wie viel denn nun genau? Ich habe mal nachgerechnet.
Das Medizinstudium ist grob in zwei Teile unterteilt. Das so genannte vorklinische Studium dauert vom ersten bis zum vierten Semester. An der Uni Gießen gibt es hier insgesamt 99,5 Wochenstunden im Studium der Humanmedizin. Ab dem fünften bis zum zehnten nennt man die Semester dann ‚klinisch‘. Hier stehen an der Uni Gießen 169,7 Wochenstunden auf dem Programm. Somit kommen wir auf einen Schnitt von 26,92 Wochenstunden pro Semester.
Unser ganzes Bachelorstudium Social Sciences hat in seinen sechs Semestern nur 78 Semesterwochenstunden. Das ergibt den glorreichen Schnitt von 13 Wochenstunden pro Semester. Ich denke, der Unterschied wird so schon ziemlich deutlich.
Dabei sind bis jetzt ausschließlich Präsenzstunden eingerechnet. Keine zusätzliche Vor- und Nachbereitung der Stunden und auch keine Prüfungen. Laut unserer Modulordnung kann man die Semesterwochenstunden dadurch vervierfachen. Bei Medizin dagegen dürfte der Faktor noch weit höher liegen; ich habe die Unterschiede in der Prüfungsvorbereitung zwischen Jan und mir nur zu oft gesehen.
Ebenfalls interessant finde ich ein kleines Rechenspiel. Unser B.A. hat 180 so genannte Creditpoits. Dazu werden einfach die geplanten Gesamtstunden, der Workload, umgerechnet. Jede 30 Stunden Arbeit ergeben 1 Credit Point. Rechnet man nun die Präsenzzeit des Medizinstudiums an Hand der in unserem B.A. verwendeten Quote um, kommt man auf ein beeindruckendes Ergebnis. 600 Credit Points erarbeitet sich ein Medizinstudent nach dieser eher noch untertriebenen Schätzung. Das sind 3,3 Bachelorabschlüsse!
Die sich nun stellende Frage ist doch, warum unser B.A. Social Sciences so inhaltsleer und arbeitssparend angelegt ist? Wollten die Planer uns Studenten einen Gefallen tun? Das Medizinstudium zeigt doch, wie eine umfassende Ausbildung aussehen kann. Natürlich haben Medizinstudenten während des Studiums weniger Zeit für Party oder Geldverdienen. Aber haben wir Sozialwissenschaftler nicht einfach zu viel davon?
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