Wenn jemand Deutschland werden möchte

In Deutschland leben viele Ausländer schon seit Jahrzehnten – und sind noch immer Ausländer. Unsere europäischen Nachbarn machen uns vor, wie man mehr Migration und doch weniger Ausländer haben kann. Doch als hätten wir nicht ein Problem mit zu wenig Einbürgerungen, sondern im Gegenteil eines mit zu vielen Einbürgerungen – die Koalition beschäftigt sich mit einem Einbürgerungstest.

Doch dabei wird mitnichten gefragt, ob denn die Einzubürgernden vielleicht der Verfassung zustimmen und ihr treu bleiben wollen. Kein Wort zum Bekenntnis an die freiheitlich demokratische Grundordnung. Nein, denn da könnte ja auch jeder einfach lügen, wie CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach doch tatsächlich gestern Abend bei Claus Strunz erklärte.

Interessant, soweit. Da also solche Fragen mit Lügen beantwortet werden könnten – fragen wir doch einfach Wissen ab.

„Deutschland setzt damit ein Zeichen. Dieses Zeichen heißt: Interessiert Euch bitte für das Land, dessen Staatsangehörigkeit ihr erwerben wollt“, so Wolfgang Bosbach im BR.

Die Bundesländer Deutschlands, Willy Brandts Kniefall – über die Sinnhaftigkeit hat sich schon Malte gewundert. Und nicht nur der, auch Deutschlands Literaturväterchen Marcel Reich-Ranicki in der FAZ:

„Das ganze Verfahren ist wohl genauso sinnvoll wie der Fragebogen, den man ausfüllen muß, wenn man den Führerschein haben will. Niemand beherrscht alle Verkehrsregeln, aber die meisten Menschen bestehen die Prüfung, weil sie vom Fahrerlehrer entsprechend vorbereitet wurden.

Wer soll die Einwanderungswilligen vorbereiten?

Da müßte man wohl einen neuen Beruf schaffen.“

In der Tat resultiert der Test in einer zweiwöchigen Lernarbeit einer Auswahl der 310 Fragen, von denen nur 33 gestellt und 17 richtig beantwortet werden müssen. Und beliebig oft darf man den Test auch noch machen.

Fraglich, ob dieser Test einen geschulten Terroristen aufhalten kann. Zur Not hängt man im Terrorismuscamp am Hindukusch eben noch ein zweistündige Intensivschulung „Bosbachs Einbürgerungstest“ an.

Doch eigentlich möchte ich mich gar nicht mit dem Test an sich beschäftigen. Viel verwunderlicher finde ich, was insgesamt noch so über Einbürgerung in der bemerkenswerten Sendung von Claus Strunz festgehalten wurde. Volker Beck wurde nicht müde, Deutschland zu einer weltoffeneren Haltung aufzufordern. Es gebe doch ohnehin gar keine Einbürgerung, wenn Bedenken gegen eine Person vorlägen.Vielmehr werde man doch nach 8 Jahren Aufenthalt in Deutschland gar mit Rechtsanspruch eingebürgert. Aber die Einbürgerung für eine 5köpfige Familie kostet einfach mal 663€ Gebühren – na dann, herzlich Willkommen in Deutschland.

„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, ein Pass niemals. – Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“ Bertolt Brecht.

Deutscher als die Deutschen

In der letzte Woche verabschiedet, wird er im September kommen: Der deutsche Einbürgerungstest.

„Wer deutscher Staatsbürger werden will, muss ab dem 1. September einen bundesweit einheitlichen Test bestehen. Wissen sollte ein einbürgerungswilliger Ausländer unter anderem, was Willy Brandt 1970 in Warschau mit seinem Kniefall bewirken wollte“ (Quelle: ZEIT-Online).

Vielleicht sollte überlegt werden, den Test allgemein allen in Deutschland lebenden Personen zu stellen, ich denke dann hätte dieses Land einige Millionen Bürgerinnen und Bürger weniger…

Selbst testen geht unter:

http://www.br-online.de/bayern3/ratgeber-und-geld/einbuergerung-test-fragen-
ID1213178295495.xml

http://www.focus.de/wissen/bildung/kurztest-zur-einbuergerung_aid_20431.html#
http://www.welt.de/vermischtes/article204450/Einbuergerungstest_100_Fragen_
100_Antworten.html
http://www.faz.net/s/Rub61EAD5BEA1EE41CF8EC898B14B05D8D6/
Doc~ECC6208D1D72B4D0B98DAE0A2053060C2~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Wirken ja einige Fragen noch halbwegs verständlich muss, man sich über andere doch sehr wundern.

Interessant erscheint in diesem Zusammenhang auch ein Interview mit Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in der FAZ. Reich-Ranicki hält den Einbürgerungstest für zu anspruchsvoll und der Spiegel titelt bereits: „Reich-Ranicki wäre durchgefallen„.

Ich stelle jetzt einfach mal die These auf: „15 Prozent der volljährigen Deutschen würden durchfallen“…