Glos und die Kanzlerin

Michael Glos war wohl in seinem Amt nie wirklich zu Hause, konnte sich nicht mit der Arbeitsweise im Kabinett von Angela Merkel anfreunden. Seine jetzige Selbstdemontage aber wird auch durch dieses Vorwissen nicht mehr verständlich.

Seine Handlungsweise zeugt von einem zumindest fragwürdigen Verständnis von Kabinettsordnung und mangelndem Respekt vor der Kanzlerin. Sein Rücktrittsangebot stellte Glos nämlich nicht, wie es die Ordnung verlangt hätte, an Angela Merkel, sondern sandte den Brief gleich nach München in die CSU-Parteizentrale. Warum aber kann die kleine bayrische Partei über ganze Ministerämter verfügen? Gehört dies nicht eigentlich zu den Befugnissen des Bundeskanzleramts? Offensichtlich war Michael Glos sich dieser Tatsache nicht bewusst, oder aber – und das ist wahrscheinlicher – konnte die unterschwellig vermittelte Botschaft seiner so ausgedrückten Missachtung nicht abschätzen.

Dabei hat sich Angela Merkel in den vergangenen Monaten der CSU gegenüber durchaus loyal verhalten und hat im Vorfeld der für die Bayern denkbar knappen Europawahl Bereitschaft gezeigt, die Christsozialen beim Kampf um den Einzug ins Europarlament zu unterstützen. Zuletzt lies sie doch gar verlauten, sie könne sich nach der Bundestagswahl selbstverständlich auch Steuersenkungen vorstellen und gab somit einer mit gewohnter Penetranz vertretenen CSU-Forderung statt.

Im Interesse Horst Seehofers dürfte die Brüskierung der Kanzlerin wohl auch kaum gelegen haben. Natürlich, er versucht mit harten Forderungen das Profil der CSU gegenüber der großkoalitionären Schwesterpartei zu schärfen und spielt damit nebenbei noch den eigentlichen Programmatiker der CDU, die den noch relativ weit entfernten Wahlkampf im Sinne einer funktionierenden Zusammenarbeit mit der SPD noch nicht aufnehmen kann. Seine bundesdeutschen konservativen Freunde aber wirklich zu bedrängen oder ihnen gar respektlos gegenüber zu treten, das würde Seehofer nur schaden.

Es ist kein Geheimnis, dass die CSU als regierungsbeteiligte Fraktion Anspruch auf ein Ministerium hat und die zu besetzenden Posten auch weitgehend autonom vergibt. Alle anderen Parteien gehen natürlich ebenso vor; Merkel wird wohl kaum der SPD-Parteiführung Olaf Scholz als Müntefering-Nachfolger nahe gelegt haben. Die Tatsache also, dass Fraktionen ihre Ministerien selbst besetzen, ist ein völlig normaler Vorgang. Die Berufung und Abberufung der Minister allerdings ist und bleibt Kompetenz der Kanzlerin. Warum nun schrieb Michael Glos die scheinbar falsche Adresse auf das Couvert?

Zum einen ist Michael Glos wohl tatsächlich einfach amtsmüde und möchte angesichts der nahenden Bundestagswahl seiner Partei die Möglichkeit geben, einen schlagkräftigen Kandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers aufzubauen. Ob dieses Manöver so überhaupt Sinn macht und ob Karl-Theodor von Guttenberg dafür der richtige Kandidat ist, darf jedenfalls bezweifelt werden.

Dazu scheint Michael Glos aber auch in seiner dreijährigen Amtszeit als Minister sein zuvor so bewundertes politisches Feingefühl verloren zu haben. Die Situation, in die er Merkel und Seehofer warf, ist für beide mehr als unangenehm. Seehofer wurde von dem Angebot, über das Wirtschaftsministerium disponieren zu können, vollkommen überrascht und gab als erste Reaktion seine Unterstützung Glos’ bisheriger Arbeit zu verstehen. Dennoch müsse er erst einmal in die Staatskanzlei und das Schreiben überhaupt lesen. Die Zeitungen und Nachrichtenagenturen meldeten zuerst eine Ablehnung des Gesuchs, einen Tag später aber die Nominierung Guttenbergs. Von Macht und Rückhalt in seiner Partei zeugt die Überraschtheit Seehofers nicht.

Angela Merkel dürfte sich in den vergangenen Tagen daher zu Recht über ihren bayrischen Koalitionspartner gewundert und geärgert haben. Handlungsspielraum allerdings hatte auch sie nicht, konnte ja schlecht das nicht an sie gerichtet Rücktrittsgesuch annehmen.

Besonders vor der Perspektive der anstehenden Wahlen sind das Besorgnis erregende Tendenzen in der Union, die die Öffentlichkeit mit wachsender Spannung verfolgen wird. Angela Merkel tut vielleicht gut daran, die CSU auch mal wieder in die Schranken zu verweisen und sich nicht auch noch in diesem Konflikt ein weiteres Mal entscheidungsarm zu präsentieren.

Bloß keine Veränderungen…

Bloß keine Veränderungen…
Genau dies kommt einen in den Sinn, wenn man momentan die Diskussion um „Kfz-Steuer und Klimapaket“ beobachtet.

„Die Pläne von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) für eine am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer wurden nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios durch ein Veto von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gestoppt.“ (Quelle: www.tagesschau.de)

Auch interessant ist, dass ausgerechnet der Bundewirtschaftsminister das Vorhaben stoppen möchte. Denn schließlich würde die neue KFZ-Steuer nicht ohne Grund besonders Nachteile für die deutschen Automobilkonzerne bringen.
Auf der anderen Seite ist nach wie vor nicht zu verstehen, warum sich die deusche Industrie weiterhin vor neuen Entwicklungen versteckt…