Von Sprühkreide und Sondernutzung

Wer weiß schon, dass Kreide auf einer öffentlichen Straße eine genehmigungspflichtige Sondernutzung darstellt? Und dass Städte und Gemeinden wohl dazu neigen, dies nicht zu genehmigen? Es klingt absurd, aber es könnte einer Wahlkampfidee der Grünen in NRW schnell den Garaus machen. Die Idee erzählt der WDR-Landtagsblog

Ganz schön subversiv, die Grünen. Im heraufziehenden Kommunal-Wahlkampf will die Öko-Partei Guerilla-Methoden nutzen, wie sie in Marketing-Kreisen angesagt sind. Die Grünen setzen dabei auf spontane Wahlbotschaften – ausgebracht im öffentlichen Raum mittels Sprühkreide.

… und hat auch gleich mal erfragt, worauf wir oben bereits anspielten:

Im Ordnungsamt der Stadt Köln heißt es denn auch: Aufgesprayte Wahlkampfslogans erfüllten den Tatbestand der Sondernutzung. Und die müsse genehmigt werden. Selbst bei wasserlöslicher Kreide. Und übrigens habe die Stadt solche Anträge bisher immer abgelehnt. Auch das Ordnungsamt in Düsseldorf sieht die geplante Spray-Aktion kritisch. Das Beschmieren von Straßen oder Gebäuden sei nach der Straßenordnung untersagt. Könnte interessant werden, der Wahlkampf der Grünen.

Onlinewahlkampf in NRW

In großen Schritten rückt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen näher. Höchste Zeit zu schauen, was sich im Landtagswahlkampf online so tut.

„Currywurst ist SPD.“

Die SPD versuchte es mit einer neuen Idee. In ihrem, inzwischen wieder aktivierten, Blog rief man zum Plakatwettbewerb auf. Online konnten selbstgestaltete Plakate für den Landtagswahlkampf eingereicht werden. Mit dieser Idee und den zum Teil sehr skurrilen Entwürfen hat sich Lenz Jacobsen im ZEIT Politik-Blog bereits ausführlicher beschäftigt.

Am 12. April hat nun eine Jury, der u.a. Nico Lumma angehörte, die fünf besten Plakate ausgewählt.

Über die Facebookseite von Hannelore Kraft ließ man diese Vorschläge anschließend abstimmen und nach einiger Mobilisierung, u.a. auch durch Martin Sonneborn, erreichte der Entwurf „Currywurst ist SPD.“ fast 5000 Likes. Alles was ich dazu sagen würde hat Thomas Knüwer bereits gestern veröffentlicht: „SPD NRW: Hast Du keinen Shitstorm, bau Dir einen„.

Mit Blog und Mediathek in den Wahlkampf

Die CDU hat derweil ein „Kampagnenportal“ zur Landtagswahl online gestellt. Beim Aufruf von cdu-nrw.de landet man nun nicht auf der eigentlichen Parteiseite, sondern auf wahl2012.cdu-nrw.de. Positiv fällt auf, dass auch die CDU wieder blogt. Und so bleibt die Hoffnung, dass auch dieses Angebot nicht gleich nach der Wahl direkt wieder in der Versenkung verschwindet. So wie es leider auch nach der letzten Landtagswahl einmal mehr der Fall war.

Auch wenn es eigentlich selbstverständlich sein müsste, ist positiv hervorzuheben, dass unter dem Punkt „Mediathek“ alle digitalen Wahlkampfinhalte bereit gestellt werden. Denn es verwundert mich bis heute, dass es noch immer häufig versäumt wird die Wahlplakate und Wahlkampfspots direkt mit der Veröffentlichung vor der Presse auch online bereitzustellen. Die CDU bietet ihren Unterstützern hier eine schöne Übersicht.

Alles neu macht der… März

Auch die Grünen halten es genauso und bieten online ihre kompletten Kampagnenelemente an. So wurden die Wahlplakate auch wirklich gleichzeitig mit der offiziellen Vorstellung online gestellt.

Spannender aber ist, dass die Grünen es trotz des Wahlkampfrummels noch geschafft haben, rechtzeitig vor der heißen Phase des Wahlkampfs ihren kompletten Internetauftritt zu relaunchen. Hierbei lohnt sich übrigens auch ein Blick in den Quelltext der Seite.

Neben der neuen Internetseite wurde außerdem gruen-macht-den-unterschied.de gelauncht. Dort können Unterstützer ihre persönlichen Wahlaufruf formulieren, veröffentlichen und in ihrem Bekanntenkreis verteilen.

Ruhe bei der FDP

Bei der FDP sieht es dagegen derzeit (noch?) ruhig aus. Einzig bei Facebook und Twitter ist schon etwas zu bemerken. Insbesondere die Julis in NRW sind auf Facebook durchaus aktiv, mobilisieren ihre Unterstützer und stellen Profilbanner mit dem Wahlkampfslogan und Bild von Christian Lindner bereit.

Der FDP-Spitzenkandidat twittert derweil seit einigen Wochen wieder recht aktiv und zeigt, dass er mitten im Wahlkampf gelandet ist. Noch immer gehört er zu den „Twitter-Stars“ in NRW und vereint weiterhin fast doppelt so viele Follower auf sich, wie Hannelore Kraft.

Auch bei der Linkspartei wird gebloggt

Auch bei der Linkspartei gibt es derzeit wenig spannendes zu beobachten. Einzig und alleine ein neu gestartetes Weblog weckt das Interesse. Aber auch hier lässt bereits die URL (dielinke-nrw.de/wahl_2012/newsblog/)  vermuten, dass es sich lediglich um eine reine Wahlkampfaktivität handelt. Aber vielleicht werde ich doch einmal überrascht.

Die Ruhe vor dem Sturm?

Wenig war ebenfalls bislang von den Piraten, im Zusammenhang mit Onlineaktivitäten, zu hören. In Nordrhein-Westfalen, wo sie bereits bei der Kommunalwahl 2009 erste Erfolge feiern konnten, wurde die Messlatte sehr hoch gesetzt. Und so wird es in den kommenden Wochen spannend werden, ob sich die Piraten deshalb, wie in Berlin, vor allem auf den „klassischen“ Wahlkampf konzentrieren oder ob uns noch ein spannendes Onlinefeature erwartet. Inhaltlich bietet die Internetseite der Piraten derzeit jedenfalls nicht viel mehr als die der Konkurrenten.

Interessant ist übrigens, dass Onlineplakatspenden inzwischen bei fast allen Parteien möglich sind. So auch bei den Piraten. D.h. der Spender kann ein bestimmtes Plakatmotiv zu einer selbst gewählten Zeit, an einem selbst gewählten Ort plakatieren lassen und übernimmt die dafür entstehenden Kosten.

Auch die Landeszentrale für politische Bildung NRW ist aktiv

Nicht nur die Parteien sind mit verschiedenen Angeboten in den Wahlkampf gestartet. Auch die Landeszentrale für politische Bildung in NRW hat mit politische-bildung.nrw.de/20 eine neue Seite gelauncht. Der von wahl.de bekannte Social-Network-Stream wurde dafür auf Abgeordnete aus NRW komprimiert. Und so lassen sich in dem Stream die Tweets und Facebookposts aller MdLs, MdBs und MdEPs aus NRW darstellen. Eine schöne Sache, die es erleichtert, den Überblick zu behalten.

Ich habe mich über dieses Tool gleich doppelt gefreut, da es am Wahlabend sicher ganz nützlich werden könnte, wenn ich wieder für das ZDF bei einer neuen Ausgabe der „Wahl im Web“ im Einsatz bin. Zu sehen wie gewohnt im ZDFinfokanal und auf heute.de. Dieses Mal von 19:30 Uhr bis 21:00 Uhr, live aus Düsseldorf. Also schon mal dick im Kalender anstreichen ;-).

Endgegner Mitgliederschwund

Die CDU in Nordrhein-Westfalen will ihren Mitgliederschwund bekämpfen und startet dafür (mal wieder) eine Mitglieder-Werbe-Kampagne. Die eigenen Mitglieder werden aufgefordert, im Bekannten- und Freundeskreis für eine Mitgliedschaft in der CDU zu werben. Als Lektion aus vergangenen, wenig erfolgreichen Aktionen, setzt man dieses mal auf Belohnungen. Als Hauptpreis lockt (?) ein Essen mit dem Landesvorsitzenden und Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Vorgesgestellt hat sich die CDU das so:

Jedes Mitglied, das ein Neumitglied wirbt, nimmt an einer Verlosung teil. Pro Neumitglied kommt ein Los in die Lostrommel, so dass sich die Gewinnchance erhöht, je erfolgreicher ein Werber ist.

Und die Preise?

Anfang des kommenden Jahres werden per Los die Gewinner ermittelt.

Jeweils fünf Gewinner werden eingeladen zu

  • einem Essen mit dem Fraktionsvorsitzenden Karl-Josef Laumann in Münster
  • einem Essen mit Generalsekretär Oliver Wittke in Düsseldorf,
  • einem Essen mit dem Chef der NRW-CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament Elmar Brok in Brüssel.

Außerdem werden die fünf erfolgreichsten Einzelwerber zu einer Fahrt nach Berlin mit einem Essen mit dem Landesvorsitzenden Norbert Röttgen eingeladen.

Ein interessanter Schritt für eine politische Werbe-Kampagne der CDU. Statt die Mitglieder besser mit Informationen und Handreichungen auszurüsten, setzt man auf den Spieltrieb und den Reiz der Gewinne. Neu ist die Methode allerdings nicht: Gene Koo wirft einen Blick auf das Soziale Netzwerk des Obama-Wahlkampfs my.barackobama.com genau aus dieser Perspektive:

It featured minimal graphics, no sound effects, and deeply flawed gameplay. Yet one of the most important game titles of 2008 was played by thousands and helped change the face of American politics. […]

MyBO awarded Obama supporters with points for taking real-world actions that would likely help the candidate win the primaries and the general election: making phone calls to voters, hosting gatherings, and donating money.

Prof. Dr. Christoph Bieber hat etwas später einen ähnlichen Vergleich für Deutschland auf die Piratenpartei bezogen:

Dabei ist „Spielen“ das zweite Schlüsselelement für den Erfolg der Piraten-Kampagne – denn die kollektive Anstrengung der „Nerds“ in schwarz-orange trägt Züge eines Rollenspiels. Die „Mission Bundestagswahl“ lässt sich in eine Folge einzelner „Quests“ zerlegen, an denen die über das ganze Bundesgebiet verteilten Mitspieler relativ koordiniert arbeiten. Gelöst wurden bisher die Aufgaben „Europawahl“, „Zulassung zur Bundestagswahl“, “Übernahme der Mehrheiten in den Sozialen Netzwerken“, das Extra-Level „Gewinnung von öffentlicher Aufmerksamkeit“ wurde etwas holprig erreicht, vielleicht auch unter Zuhilfenahme von „Cheats“. Und nun steht das vorerst letzte Level mit dem Endgegner „Wahlurne“ an.

Und nun zieht die CDU nach, übernimmt Kampagnenmuster von Obama und Piratenpartei? Nun, vollends tragfähig ist der Vergleich nicht: Es fehlen die digitalen „Highscores“ bei der CDU, und die Spieler werden nicht miteinander vernetzt. So kann ein Wettbewerb nur auf hypothetischer Basis entstehen. Aber vielleicht ist die Mitglieder-Werbe-Kampagne der CDU auch nur die Alpha-Version und wartet noch auf den ein oder anderen Patch.

via politik&kommunikation

„Wir machen Sommerpause!“

Es ist das altbekannte Spiel, im Wahlkampf brüsten sich die Parteien mit ihren Aktivitäten im Netz und bereits am Wahlabend scheinen die Zugangsdaten in den Parteizentralen auf wundersame Art und Weise verloren zu gehen. Im nordrheinwestfälischen Landtagswahlkampf Anfang diesen Jahres waren es insbesondere die Weblogs die von den Parteien gepusht wurden und besonders in die Medienöffentlichkeit traten. Doch schon kurze Zeit nach der Wahl blieb es im Feedreader ungewöhnlich still. Etliche der geführten Weblogs verabschiedeten sich bis zur nächsten Wahl, bis nach der Sommerpause oder wurden sogar aus dem Netz genommen. Eine kleine Auswahl – knapp 5 Monate nach der Wahl vom 09.05.2010:

CDU-NRW

Der Blog der nordrhein-westfälischen Union wurde zuletzt am 7. Mai und damit zwei Tage vor der Wahl aktualisiert. Mittlerweile erreicht man den Blog nicht mehr direkt, sondern nur noch über einzelne Artikel. Beim Aufruf der Startseite dagegen wird man einfach auf die Internetseite der CDU-NRW weitergeleitet. Nur etwas weiter hat es die Wahlkampfseite „NRW für Rüttgers“ gebracht, hier gibt es immerhin noch einen Eintrag vom Tag nach der Wahl. Hier muss jedoch hinzugefügt werden, dass „Wir für Rüttgers“ auf den Wahlkampf ausgerichtet war und Jürgen Rüttgers inzwischen nicht mehr Ministerpräsident ist.

SPD-NRW

In der Parteizentrale der SPD-NRW scheint die Sommerpause derweil noch anzudauern und allen Leserinnen und Lesern wird ein angenehmer Sommer gewünscht. Der letzte Eintrag im Blog der NRWSPD stammt vom 9. August. Die Jusos dagegen aktualisieren ihren Blog kontinuierlich und haben ihn nicht schon am Wahlabend eingestellt. Der letzte Eintrag ist gerade mal einen Tag alt. Die Freiwilligen-Kampagne vom fiktiven Restaurant Kraftvoll war von Anfang an auf den Wahlkampf ausgerichtet, aber eine Verabschiedung oder Danksagung nach dem Wahlabend wäre durchaus eine nette Sache gewesen. So ist der letzte Eintrag vom 8. Mai.

Bündnis90/Die Grünen-NRW

Das Weblog der Grünen ist ein weiteres Angebot, welches von Anfang an als längerfristiges Projekt ausgegeben wurde (siehe dazu auch unser Interview mit Benajmin Müller), trotzdem haben die Grünen nach der Regierungsbildung eine durchaus lange Sommerpause eingeschoben, aus der sie sich aber inzwischen wieder zurück gemeldet haben.

Verschiedenes

„Wir in NRW“ war ebenfalls vor dem Wahlkampf als langfristiges Projekt gestartet und hat sein Versprechen zuletzt mit einem Eintrag von heute eingehalten.

Anders sieht es da bei „Klare Kante“ aus. Das Weblog war als Konkurrenzprodukt zu „Wir in NRW“ gestartet, aber bereits vor der Landtagswahl mit einem Beitrag am 19. März wieder eingestellt worden. Immerhin ist das Blog noch erreichbar.

Es fällt auf, dass die Parteien im großen und ganzen dazu gelernt haben und ihre Blogs nicht einfach nach dem Wahlabend umgehend gelöscht haben. Trotzdem kann es als Armutszeugnis angesehen werden, dass während der jüngsten Wahlkämpfe an allen Ecken und Enden „Obama“ zu hören war, es aber nur wenige schafften wie eben dieser besagte US-Präsident ihre Kampagne auch über den Wahlabend hinaus zu retten. Natürlich sind die meisten der Websites und Blogs auf den Wahlkampf ausgelegt gewesen, trotzdem ist es noch immer eine häufig zu beobachtende Unsitte, dass Weblogs als wichtiges Wahlkampfelement dargestellt werden, anschließend aber nicht einmal ein ausführlicher Dank an die Unterstützerinnen und Unterstützer den Weg ins Internet findet. Stattdessen konzentriert man sich auf Danksagungsbriefe und Mails an die eigenen Mitglieder. Warum nicht einfach mal eine eigene Analyse des Wahlergebnisses ins Weblog stellen und sich anschließend mit einer guten Begründung in die Sommerpause den Winterschlaf zu verbschieden?