Gastbeitrag von Dr. Christoph Bieber zum Start des „Netzwerk-Barometers“ von Homo Politicus.
Seit einigen Tagen „misst“ das Netzwerk-Barometer von Homo Politicus die Performance der hessischen Spitzenkandidaten in verschiedenen sozialen Netzwerken. Auf den ersten Blick mögen die Zahlen wenig aussagekräftig erscheinen, zumal (bislang) nur Thorsten Schäfer-Gümbel, Tarek Al-Wazir und Kordula Schulz-Asche zählbare Resultate produzieren. Die Spitzenkandidaten von CDU, FDP und der Linkspartei sind in den entsprechenden Communities (Facebook, StudiVZ, Wer-kennt-wen) oder beim Kurznachrichtenservice Twitter nicht einmal vertreten.
Trotz dieser Schieflage vermitteln die Daten durchaus einiges zum Wahlkampfverhalten – während überall von den Effekten des US-Wahlkampfs auf die Situation in Deutschland die Rede ist, kann man (wenn überhaupt) genau hier die ersten Auswirkungen vermerken, die über ein simples „Nachmachen“ je aktueller oder angesagter Online-Anwendungen hinausgehen. Die PolitikerInnen selbst werden dabei bemerken, dass es gar nicht so einfach ist, sich in solchen gewachsenden Strukturen überhaupt adäquat zu präsentieren – für die Kandidaten-Homepages gab es seit einigen Jahren immerhin schon so etwas wie eine „Blaupause“ oder gar einen „Bausatz“. Man wusste so ungefähr, welche Features eine solche Seite haben musste und passte die Grundstrukturen an die jeweils aktuellen technischen Gegebenheiten an. In Online-Communities muss man sehr genau darauf achten, welchen Ton man anschlägt, welche Informationen man überhaupt bereit stellt und wie man mit den anderen Nutzern in Verbindung tritt. Das ist völliges Neuland – insofern zeigt sich hier die Innovationsbereitschaft der Kandidaten und der Parteien, denn die Organisation des Online-Auftrittes des Spitzenkandidates sind natürlich ein Thema im Landesverband.
Communities – StudiVZ, Facebook & Co.
In welchen Communities sind die PolitikerInnen denn nun aktiv und was steckt dahinter? Die Holtzbrinck-Plattform StudiVZ wurde im Wahlkampf vor einem Jahr geradezu sträflich vernachlässigt – und das in einem Wahlkampf, der massiv von Fragen der Schul- und Bildungspolitik geprägt war. Viel besser ignorieren kann man mit Hilfe der neuen Medien die nahezu vollzählig bei StudiVZ vertretene hessische Studierendenschaft eigentlich nicht. Die nicht unerhebliche Zahl von Schülern, die sich vorausschauend bereits ein Account besorgt hatten, wird dies wohl ebenfalls registriert haben. Dass immer noch drei von fünf Parteien diese Kernzielgruppe nicht über die sozialen Netzwerke adressieren, lässt massive Zweifel an der digitalen Kampagnenführung aufkommen. Waren oder sind Jung- und Erstwähler nicht genau die Klientel, die „besonders wichtig“ für die Politiker und Politikerinnen ist, wenn es um „die Zukunft“ geht? Nun ja. Weiterlesen