2009 haben so viele Menschen wie noch nie zuvor bei einer Bundestagswahl die Möglicheit genutzt, ihre Stimme zu splitten. – Dies ist ein Ergebnis der in diesem Monat veröffentlichten Wahlstatistik zur Wahl des 17. Deutschen Bundestages am 27. September 2009 des Bundeswahlleiters.
In der Auswertung, die auch als ausfürlicher Bericht abrufbar ist, werden einige interessante Phänomene dargestellt.
Stimmensplitting erreicht neuen Höchststand
Insgesamt hat das Stimmensplitting – also die Aufteilung der Erst- und Zweitstimme auf unterschiedliche Parteien – bei der Bundestagswahl 2009 mit 26,4 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Die Wähler geben ihre Stimmen also in immer stärkerem Maße auch nach taktischen Gesichtspunkten ab.
„Betrachtet man die Abgabe der Erststimme bei gegebener Zweitstimme, splitteten die Wähler der FDP am häufigsten; über 55% haben mit der Erststimme den Direktkandidaten einer anderen Partei gewählt, dabei vornehmlich den von CDU oder CSU. Im Gegenzug vergaben knapp 18% der Erststimmenwähler der CDU ihre Zweitstimme an die FDP. Auch Zweitstimmenwähler der GRÜNEN unterstützten mit ihrer Erststimme häufig Direktkandidaten einer anderen Partei, vor allem die der SPD. Bei den Wählerinnen und Wählern der Linkspartei war gegen den allgemeinen Trend ein Rückgang des Stimmensplittings im Vergleich zu 2005 festzustellen.“
In diesem Zusammenhang erscheint auch die Auswertung der ungültig abgegebenen Stimmen nicht uninteressant:
Zugewinne in allen Altersgruppen für FDP, Linkspartei und Grüne
Mit FDP, der Linkspartei und den Grünen konnten insbesondere die drei „kleinen“ Parteien bei der letzten Bundestagswahl deutliche Gewinne einfahren.
„Bei der FDP reichte der Zugewinn von 3,4 Prozentpunkten bei den Wählerinnen und Wählern ab 60 Jahren bis zu 6,7 Prozentpunkten bei den 35- bis 44-Jährigen. DIE LINKE erzielte bei den 45- bis 59-Jährigen mit 15,2% ihr bestes Ergebnis. Die GRÜNEN waren besonders bei den Jung- und Erstwählern unter 25 Jahren erfolgreich. Hier erreichten sie einen Zweitstimmenanteil von 15,4%, während sie bei den Wählern über 60 Jahren mit 5,0% weit unter dem Gesamtergebnis lagen.“
Gleichzeitig musste vor allem die CSU in allen Altersgruppen Verluste einstecken.
„Die CSU schnitt wie die CDU bei den Wählerinnen und Wählern über 60 Jahren am besten ab (8,0%). Sie musste jedoch im Vergleich zu 2005 in allen Altersgruppen geringe Verluste hinnehmen.“
Insgesamt werden jedoch auch bei FDP, Linkspartei und Grünen deutliche Unterschiede in der Wählerstruktur sichtbar. Ein besonders entscheidenter Faktor spielt dabei einmal mehr das Alter der Wähler.
„Bei der FDP entsprach die Altersstruktur der Wählerschaft am ehesten der demografischen Zusammensetzung aller Wahlberechtigten. Bei der Partei DIE LINKE war die Altersgruppe der 45- bis 59-Jährigen überproportional vertreten. Die GRÜNEN haben ihr größtes Wählerpotential bei den Jüngeren: Etwa die Hälfte der Wählerschaft der GRÜNEN war bei der Wahl 2009 jünger als 45 Jahre.“
Fast ein Drittel der Wahlberechtigten sind über 60 Jahre alt
Bereits in der letzten Woche haben wir uns mit dem immer höheren Alter der Wahlberechtigten beschäftigt (siehe: „Dominanz der Senioren“). Auch die die Wahlstatistik des Bundeswahlleiters zeigt den dargestellten Trend.
„Bei der Bundestagswahl 2009 waren insgesamt 62,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger wahlberechtigt, davon war gut die Hälfte im Alter von 30 bis 59 Jahren. Die Generation ab 60 Jahren stellte mit 20,4 Millionen fast ein Drittel aller Wahlberechtigten, und damit fast doppelt so viele wie die jüngere Generation unter 30 Jahren, die mit 10,2 Millionen etwa ein Sechstel aller Wahlberechtigten ausmachte.“
Gleichzeitig erreichte die Altersgruppe 60-69 Jahre mit 80,0 Prozent die höchste Wahlbeteiligung, während diese in der Altersgruppe 21-24 Jahre mit 59,1 Prozent am niedrigsten war.
„Mit 70,8% war die Wahlbeteiligung um 6,9 Prozentpunkte geringer als bei der Wahl 2005 und damit so niedrig wie bei keiner Bundestagswahl zuvor. Wie schon bei früheren Bundestagswahlen hatten die jüngeren Altersgruppen auch 2009 wieder eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung. Dadurch wird das Einflusspotential der jungen Wahlberechtigten gegenüber den älteren Wählern überproportional geschwächt. Die 21- bis 24-Jährigen hatten mit 59,1% erneut die geringste Wahlbeteiligung aller Altersgruppen. Besonders niedrig war dabei die Wahlbeteiligung der 21- bis 24-jährigen ostdeutschen Frauen (52,7%) und Männer (53,1%). Mit steigendem Alter nahm die Wahlbeteiligung bis zu den 60- bis 69-Jährigen kontinuierlich zu: diese Altersgruppe beteiligte sich mit 80,0% am aktivsten an der Bundestagswahl 2009. Vor allem die westdeutschen Männer von 60 bis 69 Jahren lagen mit 82,1% deutlich über der durchschnittlichen Wahlbeteiligung, auch die gleichaltrigen westdeutschen Frauen erreichten mit 81,1% einen hohen Wert.“
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